Im Verlauf des Mittelalters siedelten Menschen sich immer weiter bergauf in den Bach- und kleinen Flusstälern des Vogelsbergs an. Oft handelte es sich um Einzelhöfe, kleine Weiler von nicht mehr als 6-8 Höfen oder aus heutiger Sicht sehr kleine Dörfer - etwa vergleichbar mit den Grebenhainer Ortsteilen Wünschenmoos oder Weidmoos. Viele dieser Siedlungen blieben auf die Dauer nicht bestehen, wurden von ihren Bewohnern wieder verlassen. Diese Orte werden heute Wüstungen genannt, auch wenn Ursachen und Ausmaß der "Verwüstung" sehr unterschiedlich waren. Oft zogen die Bewohner in nahe gelegene größere Dörfer, bestellten ihre Äcker in den verlassenen Siedlungen teilweise sogar weiter.
Diese "Wüstungsperiode" begann im frühen 14. Jahrhundert und setzte sich bis etwa 1500 n.Chr. fort. In diesem Zeitraum wurde ungefähr die Hälfte aller Siedlungen im Vogelsberg wieder aufgegeben.
Auf dem Gebiet der Großgemeinde Grebenhain sind mehrere Wüstungen dokumentiert.
Am Oberlauf des Schwarzbachs (auch "Schwarzer Fluss" genannt) entstanden die Siedlungen Eigelshain (auch "Eichelshain") und Hetgeshain, in denen Eisenerz verarbeitet wurde, wozu auch Bergbau und Köhlerei gehörten. Das Eisenerz wurde auch aus der weiteren Umgebung angeliefert - unter anderem vom Eisenberg aus Grebenhain. Den wahrscheinlichsten Verlauf eines Transportwegs für das Grebenhainer Eisenerz zu den Rennöfen im oberen Schwarzbachtal (heutiger Bereich des Flösserhauses) hat der Heimatforscher Jürgen Löffler (Hochwaldhausen erkundet und dokumentiert.
Die Kohlenmeiler befanden sich außerhalb der Siedlungen im Wald, die Köhler lebten in sehr einfachen Hütten bei ihren Meilern, denn sie mussten diese dauernd überwachen und bearbeiten, damit sie weder abbrannten noch erloschen - was nicht Holzkohle erbracht hätte, sondern Asche.
Westlich von Grebenhain am heutigen Rand des Oberwalds - etwa im Bereich des Berliner Ferienlagers - befand sich die Siedlung Schershain, deren Schwerpunkt auf dem Töpferhandwerk lag. Auch hier lässt sich ein klarer Zusammenhang zu den benötigten Rohstoffen erkennen. Das Waldgebiet des Oberwalds lieferte den Brennstoff, die Senken und Bachbetten den Ton. Noch heute kann man im Bachbett der Schwarza in der Talaue oberhalb von Grebenhain leicht Bereiche erkennen, aus denen man Ton graben könnte. Weil Ton und Lehm als Verwitterungsprodukte des Basalts überall im Hohen Vogelsberg zu finden waren, hat sich das Töpferhandwerk ebenso wie die Ziegelherstellung ("Russensteine") in unserer Region bis ins 20. Jahrhundert erhalten.
Auch in den benachbarten Gemeinden sind Wüstungen nachgewiesen, etwa am Oberlauf des Salzbachs östlich von Salz, wo man im Bereich des heutigen Einzelhof "Grundhaus" Fundamente einer früheren Besiedelung gefunden hat. Zwischen Lichenroth, der "Sangmühle" und Wüstwillenroth gab es eine Siedlung Herchenrod, deren Geschichte auf der privaten Homepage www.lichenroth.de/histo-l5.htm ausführlich dargestellt ist.
Über die Gründe für die Aufgabe der Siedlungen (Entstehung der "Wüstungen") gehen die Meinungen auseinander. Häufig werden Pestepidemien, die Verwüstungen und Plünderungen im 30-jährigen Krieg oder der geringe Ertrag der Landwirtschaft auf den steinigen Böden und in dem rauen Klima des Vogelsbergs genannt. Dass etwa der 30-jährige Krieg als Ursache eher nicht infrage kommt, erkennt man schon an der fehlenden zeitlichen Übereinstimmung: Der Schwerpunkt der Wüstungsperiode lag mehr als 100 Jahre früher! Wenn kriegerisch Auseinandersetzungen eine Rolle gespielt haben sollten, käme eher die "Schwarz-blaue Fehde" zwischen dem Kloster Fulda und den Herren von Riedesel in den Jahren 1465 -1471 infrage, von der die Orte des Riedesel'schen Gerichtes Moos sowie die angrenzenden Siedlungen schwer betroffen waren.
Mitgespielt haben sicher noch andere Faktoren - wie andernorts wahrscheinlich auch der zunehmende Mangel an den Rohstoffen Eisenerz zum Verhütten und Holz zur Gewinnung der nötigen großen Mengen an Holzkohle. Für das Diezhölztal im Lahn-Dill-Gebiet weisen Forschungsergebnisse (Jockenhövel, Bergbau und Waldnutzung im Mittelalter, S 12 f) genau diese Probleme nach. Und es ist recht wahrscheinlich, auch für unsere Region mit diesen Hintergründe zu rechnen.