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Grebenhainer Flurnamen im Wandel der Zeiten

Grebenhainer Flurnamen im Wandel der Zeiten

Das ist die  Zusammenführung von drei Flurnamen-Sammlungen aus dem Kernort Grebenhain bis dato. Sie ist alphabetisch nach Schlagworten sortiert, wobei jeweils das Schlagwort aus der ältesten, ausführlichen Liste als Basis genommen wurde. Es fanden sich folgende Flurnamenverzeichnisse:

Bürgermeisterbuch aus dem späten18. Jahrhundert (um 1783?) 304 plus 27
Karte (Parzellenhandriss der Gemeinde Grebenhain) von 1832217
Flurbereinigungskarte ca. 1930 (1928-1934)155

Das älteste davon ist aus dem späten 18. Jahrhundert, vermutlich um 1783 entstanden, handschriftlich im sogenannten „Bürgermeisterbuch“ der Gemeinde niedergelegt. Wer der Schreiber des Buches (Bürgermeister oder Schultheis) war, ist nicht mehr feststellbar, da uns das Buch nach der Aufnahme der Handschrift  (um 1996) leider nicht mehr vorliegt. Offenbar hat der Schreiber des Verzeichnisses die einzelnen Flurstücke nacheinander (im Geiste, oder evtl. sogar per Begehung) abgeschritten und dadurch eine ungefähre Ordnung nach den Fluren erreicht.

Außerdem wurden Bezeichnungen für Gärten und Hutweiden mit aufgenommen (zum Beispiel „Gartten am Läus Böhl“ oder „huthweith in der main wieß“). Es waren also 304 Flurstücke und zusätzlich 27 als Gärten bzw. Hutweiden bezeichnete .

Die Schreibweise  war im 18. Jahrhundert noch nicht eindeutig festgelegt, zumal auch solche (häufig nur in der eigenen Gemarkung bekannte) Flurnamen meist nur mündlich im Dorf weitergegeben wurden; der Schreiber hat alles nach eigenen Sprachempfinden niedergeschrieben.

Das zweite Verzeichnis ist eine Liste aus dem ausführlichen Parzellenhandriss von 1832. Solche Kartenwerke sind in unserer Region zahlreiche  angelegt worden, wahrscheinlich für alle damals selbständigen Gemeinden. Wir kennen diese Karten aus dem großherzoglich-hessischen Landesteil (also Grebenhain und Umgebung), aber auch aus dem benachbarten Riedesel-Land und aus dem Raum Alsfeld.

Die Grebenhainer Karte von 1832 enthält nur noch 217 Namen, die aber geordnet sind in 19 Flurnummern. Zumindest für diese Zeit sind alle Flurnamen auch räumlich dargestellt, jeder Flurnummernbereich ist mit römischen Zahlen in seinen Lagebezeichnungen eingetragen.

Aus der früheren Landgrafschaft Hessen-Darmstadt war um 1806 das Großherzogtums Hessen entstanden; der damalige Regent Ludewig I. (war früher Landgraf Ludwig X.) und seine Verwaltung haben sich sehr bemüht, die nach der napoleonischen Zeit geänderten räumlichen und verwaltungstechnisch ungleichen Landesteile durch eine einheitliche Landesverwaltung neu zu strukturieren und zu vereinheitlichen.

Diesee neuen örtlichen „Parzellenhandrisse“, die im 19. Jahrhundert entstanden, waren eine gute Basis für die regionale Planung der Infrastruktur: etwa für die lebhafte Bautätigkeit auch im Vogelsberg, wo in den 1840 er Jahren der Bau von Staatsstraßen vorangetrieben wurde.
Auffällig ist die Verringerung der Flurnamen-Anzahl um rund ein Drittel. Die Rechtschreibung wurde vereinheitlicht.

Die nächste Veränderung in den Flurnamen fand in den 1930 er Jahres statt, anlässlich der Grebenhainer Flurbereinigung. Eine Straffung und Reduzierung der Flurnamen wurde nötig, weil zahlreich Fluren umgelegt, zusammengefasst und die gesamt räumliche Struktur der Gemarkung verändert wurden - mit dem Ziel, auf der gesamten landwirtschaftlichen Fläche und den Forsten unter anderem die Schaffung neuer Wege, Straßen und Gewässerverläufen entstehen zu lassen.

Aus der ländlichen Bevölkerung waren – auch wenn Bauern und Waldbesitzer an dem Umgestaltungsprozess beteiligt wurden– zahlreiche kritische Stimmen zu hören. Der Dokumentarfilmer und Autor Dieter Wieland (Grün kaputt, 1983) beklagte „… Begradigung, Bereinigung, Erschließung, Beschleunigung, Kanalisierung, Neuordnung, Verordnung, Verödung.“1

In den rund 100 Jahren zwischen der Zweiten (1832) und der Dritten (1930) Flurnamenbeschreibung gab es also viele Veränderung im Aussehen des Dorfes und seiner Gemarkung, der beruflichen und sozialen Infrastruktur und dem Siedlungsgeschehen , sodass dies unvermeidlich zu einem erneuten Rückgang der Flurnamen um fast ein weiteres Drittel führte.

Das Bild des  Dorfes Grebenhain und seine Umgebung hat sich stark verändert!


1 Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Flurbereinigung_  (10.12.2023)(Deutschland)#Kritik_an_der_Flurbereinigung

Die Flurnamen (Beispiel)

 BürgermeisterbuchKarte 1832Flurbereinigung
AAm AaßmeAm Asmen Am Aßmen
Aam anwendelAm AnwendelAm Anwendel
Aam asme  
AAuf dem aaßme  
Aauf der alte wieße  
Aim ähl  
Ain der alten wießeIn der alten WieseIn der alten Wiese
Ain der alten wieße im Hörste  
Auntig dem adams reinAm Adamsrain auf der WechselwieseAm Adamsrain
A Der Ahlmüllers WaldDer Ahlmüllerswald
A Die AhlmüllersweideDie Ahlmüllersweide
A Die Assenwiese 

Die komplette Flurnamenliste finden Sie hier: Flurnamen komplett

 

 

Bedeutung der Flurnamen in früheren Zeiten

Bedeutung:

Vielfach sind die Flurnamen die letzten Überbleibsel aus der Überlieferung von Dorfnamen; Dörfer, die in den vergangenen Jahrhunderten wüst gefallen waren. Der Flurname blieb bis jetzt als Wüstungsbezeichnung weiter bestehen. 

Weiterer Text folgt.

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