Hier sind einige Gedanken zu dem „Tagebuch für Landwirtschaft“ des Bauern Christian Keißner aus Grebenhain, der sich die Mühe gemacht hat, ab dem Jahre 1900 den Tag der Aussaat und den Ertrag der einzelnen Flächen genau zu dokumentieren. Zumal bei der großen Anzahl der einzelnen Ackerstücke, die sicher durch das „Teilgut“, das ja in Grebenhain üblich war, entstanden sind. Es liegen keine Angaben vor, wie groß die Flächen waren. Immerhin wurden zwischen 22 und 25 Einzelstücke bewirtschaftet.
Aus den Aufzeichnungen geht hervor, dass der Ackerbau als Vier-Felderwirtschaft betrieben wurde, d.h.
im ersten Jahr als Roggen-Weizenfeld,
im zweiten Jahr als Gerstenfeld,
im dritten Jahr als Haferfeld,
im vierten Jahr als Dungfeld, d.h. auf diesen Flächen wurde Dünger in Form von Mist und Jauche ausgebracht und Hackfrüchte wie Kartoffeln und „Kohlraben“ – sprich Kohlrüben - und Klee, manchmal auch Erbsen und Wicken als Bodenverbesserer angebaut.
Durch diese Bewirtschaftungsform konnte sich der Boden nach dem dreijährigen Getreideanbau wieder erholen.
In Bezug auf die Erträge können keine schlüssigen Vergleiche angestellt werden, da weder Flächenangaben in Quadratmeter oder Ar noch Erträge in Kilogramm oder Zentner angegeben sind. Die Erträge sind unter „Zahl der Ernte“ aufgeschrieben, und zwar in Schock (altes Zählmaß für 60 Stück). Das sind wohl die einzelnen Getreidegarben, die von diesen Feldstücken geerntet wurden. Wie genau diese Angaben gemacht wurden, ist daran zu sehen, dass dort steht: „1 Schock 3" oder "2 Schock 48“. Die Erträge bei Kartoffeln wurden in Sack angegeben.
Während in den Jahren 1901 bis 1915 bei den Getreideerträgen Zahlen von ein bis zwei Schock, höchstens einmal drei Schock genannt werden, stehen dann in den Jahren nach 1920 auch einmal Erntezahlen von vier Schock hinter verschiedenen Ackerflächen in den Ertragsspalten. Belegbare Gründe dafür gibt es aber nicht. Besondere Angaben über eine zusätzliche Düngung sind hier noch nicht gemacht
Wie es scheint, sind es gute Erntejahre gewesen. Bei den Kartoffeln wurden bis 1910 pro Jahr etwa 40 bis 50 Sack geerntet. Danach folgte eine Vergrößerung der Anbaufläche für Kartoffeln, sodass 1914: 100 Sack und 1917: 160 Sack Kartoffeln als Ernte dokumentiert werden konnten. In 1930 waren es sogar 230 Sack Kartoffeln. Hier ist aber auch die erste Notiz zu finden, dass in diesem Jahr Hafer und Kartoffeln mit Ammoniak gedüngt worden sind. Inwieweit diese gute Ernte in Zusammenhang mit der Düngung steht, oder ob es ein „gutes“ Kartoffeljahr war, kann hier nicht geklärt werden.
Auf einem eingelegten Blatt vom 27. Juli 1922 ist eine „Ernteflächen-Erhebung“ dokumentiert (die wir geringfügig angepasst haben):
Gesamtfläche des eigenen Grundbesitz | 46 Morgen |
Nicht landwirtschaftliche Fläche | 3 Morgen |
Wiesen | 26 Morgen |
Angebaut 1922: Weizen 1 Morgen
Roggen 2 ½ Morgen
Gerste 2 ½ Morgen
Hafer 3 ½ Morgen
Raps 1 ½ Morgen
Kartoffeln 2 Morgen
Hackfrüchte 2 ½ Morgen
Klee 1 ½ Morgen
Summe: 17 Morgen
Zwei weitere lose Blätter in diesem Tagebuch sind es wohl wert, hier abgedruckt zu werden. Es sind Aufzeichnungen aus den Jahren 1916 und 1917, in denen wörtlich steht:
1916
Am 16. Mai im Hof das erste Gras gemäht.
Am 17. Mai der Kuhhirt hat das erste mal ausgefahren.
Am 19. Mai die letzte Gerste gesäät.
Am 2. Juni erste Klee geholt, erster Schnitt sehr gut.
„ 10. August den erste zweite Klee geholt, gut.
„ 1. August den letzten Morgen gemäht im Asteich.
„ 10. August das erste Korn abgemacht (Eisemingsweg)
„ 24. „ „ „ „ heimgefahren ( „ )
„ 11. Septbr. Die letzte Frucht heimgefahren.
„ 12. „ den Samen abgemacht.
„ 18. „ den letzten Klee geholt.
„ 28. Oktb. Dampfmaschine gedroschen.
„ 10. Novbr. Das letzte mal gehütet im Deich am Damm.
1917
Am 27. April das erste mal gefahren. In Kunze Garten Reiser geholt
Am 29. April die erste Schwalbe angekommen.
„ 21. Mai die letzte Gerste gesäät.
„ 22. Mai der Kuhhirt erste mal ausgefahren
„ 25. Mai erstemal im Hof Gras gemäht.
„ 1. Juni die Schafe geschoren.
„ 13. Juni Mit Heumachen angefangen, sehr heiße Tage
„ 6. Juli das letzte Heu geholt (Im Asteich)
Am 28. Juli das erste Korn geschnitten. Ellenstruth d. Große.
Am 1. August das letzte Korn geschnitten. Kunze Garten
Am 13. „ das erste Korn und am 14. August das letzte Korn heimgefahren,
es war ausgewachsen und naß, so habe ich noch keins in die Scheune gefahren.
Am 23. August die letzte Frucht eingefahren.
„ 12. Septb. das letzte Grummet eingefahren.
„ 19. „ die erste Kartoffel ausgemacht.
Als Zusammenfassung ein Wort der Hochachtung, mit welcher Genauigkeit dieser
Bauer Christian Keißner mehr als 30 Jahre lang Buch geführt hat über die Bestellung und die Erträge seines Ackerlandes.