Dieses – auf drei verknitterte Schmierzettel verteilte - Gedichtfragment gibt Rätsel auf:
Hofmann hat Zeit seines Lebens, auch schon in jungen Jahren, zahlreiche Gedichte und Prosatexte verfasst. Meist waren es Anlässe wie Hochzeiten, Jubiläen, runde Geburtstage oder auch Spottgedichte. Die meisten der hier abgedruckten Gedichte haben wir vom Original in alter deutscher Schrift transkribiert.
Die uns freundlicherweise vom Enkel des Dichters, Herrn Heinrich Hofmann, Crainfeld, zur Verfügung gestellten Texte sind in alter deutscher Schrift verfasst, dazu noch sehr schwer lesbar und auf einzelnen losen Blättern mit stark verblichener Schrift verteilt. Es waren vor allem Gelegenheitsgedichte und tagebuchartige Prosa-Aufzeichnungen. Offenbar hat Wilhelm Hofmann jede sich bietende Gelegenheit und jeden Fetzen Papier (aus alten Schreibheften und Kalendern herausgerissenen) genutzt, etwas zu notieren. Deshalb können wir hier leider nur wenige Kostproben aus seinen Arbeiten vorstellen.
Von dieser ursprünglichen Fassung gab es mindestens drei Versionen, wohl für unterschiedliche Anlässe. Die Original-Fassung war wohl ein Spottgedicht, evtl. für den Karneval. Eine spätere zweite Version (siehe Abbildung) ist wohl in den frühen 1960 er Jahren entstanden als Werbung für eine Gaststätte in Nieder-Moos. Auffällig ist gegenüber dem Original der teilweise geänderte Text, der – wohl zum besseren Verständnis der Gäste – sprachlich dem Anlass entsprechend in etwas „geglätteter“ Mundart erscheint und endet:
So viele alte Leut mer hoa
die konn das Wasser net vertra
sie trinke lieber en Schnäpps´che hin
is das net wonnerbar.
Hofmann hat am 16. Februar 1943 (!) dieses Gedicht mit kurzem Anschreiben an den Lauterbacher Anzeiger gesandt:
Wenn Sie es für gut befinden wollen Sie folgendes Gedicht in Ihrem Blatt veröffentlichen
Heil Hitler
Wilh. Hofmann
Die Zeitung hat aber seinerzeit das Gedicht nicht zum Abdruck angenommen. Möglicherweise wegen der in dieser Zeit brisanten Thematik, war doch das Ende des Russlandfeldzuges der Wehrmacht und der Untergang der „Festung Stalingrad“ gerade erst zwei Wochen her! Da hätte ein solches Gedicht dem Autor – und wohl auch dem Chefredakteur – als Wehrkraftzersetzung ausgelegt werden können.
Abschiedsbrief
eines sterbenden Soldaten
an seine Mutter
Ach Mutter, Mutter Mutter mein
ich kann nicht länger bei dir sein
die Russen Kugel traf mich gut
es färbt der Schnee mein erstes Blut
Mein Kamerad der bei mir stand
der machte mir den Notverband
und sagt: "Kamerad auf Wiedersehn
Ich muß zu meiner Truppe gehen."
Jetzt lieg ich einsam, einsam hier
und sehne mich so sehr nach dir
ach wenn erhälst du diesen Brief
dann lieg ich in der Erde tief
Ich habe meine Pflicht getan
als echter treuer deutscher Mann
und sterbe dann für´s Vaterland
für´s Heim da meine Wiege stand
Die Stern vom Himmel leuchten hell
um mich zerplatzen die Schrapnell
der kalte Schnee der deckt mich zu -
Mein Mütterlein ich geh zur Ruh.
W.H.
Dieses – auf drei verknitterte Schmierzettel verteilte - Gedichtfragment gibt Rätsel auf:
Auf welchen – wohl nur kurzen – Aufenthalt in der Heimat bezieht sich Hofmann hier? Von welchem Ort kam der Schreiber? Und was ist ihm widerfahren in Grebenhain, dass seine Klagen über Neid und Habgier so bitter klingen? Wer mag ihn da so enttäuscht haben?
Eine eindeutige Anwort gibt es nicht. Der Hinweis auf den „Süden“, die exotische Landschaft und fremdartig aussehende Mädchen lassen jedoch vermuten, dass seine Heimkehr nach Grebenhain unmittelbar nach seiner Teilnahme am Amerikanisch-spanischen Krieg 1898 erfolgte. Ob und warum er dann später aus Enttäuschung Grebenhain wieder verlassen hat, wohin sein Zug fuhr und wann er später endgültig in den Vogelsberg zurück kam (um 1905 zu heiraten), das bleibt im Dunkel. Die detailreiche Beschreibung weist aber auf reale Erlebnisse hin.
Dies ist das jüngste uns überlieferte Gedicht und stammt wohl aus den frühen 1960 er Jahren.
Wilhelm Hofmann starb 1963.