Dieser Ehevertrag aus dem Jahre 1899 entstammt einem Dachbodenfund.
Im Hause „Merzpetersch“, Grebenhain, fand man eine Hauschronik auf dem Dachboden. Darin befand sich klein gefaltet dieser Ehevertrag. Die Braut brachte damals Vermögen mit in die Ehe, währenddessen der Bräutigam nichts einbrachte.
Ehevertrag
zwischen
Andreas Fischer von Grebenhain, Sohn des verstorbenen Peter II u. dessen ebenfalls
verstorbenen Ehefrau Marie geborene Deuchert von da,
und
Margaretha Schäfer von Crainfeld,
Tochter des Sebastian Schäfer zweiter und dessen Ehefrau Barbara geborene Velte ebenda.
Zwischen Andreas Fischer von Grebenhain und Margaretha Schäfer von Crainfeld ist folgender Ehevertrag unter Zustimmung der Eltern der Braut verabredet worden.
§ 1
Es wollen sich beide Verlobte zur Ehe nehmen und dieselbe demnächst durch standesamtliche
und kirchliche Trauung vollziehen lassen.
§ 2
Ihren Wohnsitz nehmen die jungen Eheleute im Wohnhaus des Bräutigams.
§ 3
Die Braut wendet in diese Ehe ein
a.) An Brautgabe, welche ihr die Eltern mitzugeben versprechen:
Einen Kleiderschrank, eine Kommode mit Glasaufsatz, eine Kuh, ein Schaf mit Lamm, drei Stühle, ein Holz und Federbett mit vier Kissen, sechs Bettüberzüge, drei Bettdecken, zwölf Bettücher, zwölf Sürste (unklar?), zwei Dutzend Handtücher, ein Klengtuch1, fünfzig Kloben gebresten Flachs, ein Spinnrad, eine Flachsbreche, eine Flachshechel mit Stuhl, einen Schwingstock mit Schwingeisen, ein Hafergestell, eine Sense, einen Rechen, eine Harke, einen Karst, ein Malter Korn, ein Malter Gerste, ferner jährlich 40 M, schreibe vierzig Mark bis zur geschwisterlichen Theilung2. Vorstehende Gegenstände haben einen Wert von 500 M.
b.) an sonstigem eigenen Vermögen Nichts!
§ 4
Der Bräutigam wendet dagegen ein:
a) Sein sämtliches Vermögen, wie solches in dem Übergabevertrag vom 15. November 1898 näher enthalten ist
b) Von sonstigem eigenen Vermögen Nichts!
§ 5
Sollte diese Ehe durch den Tod aufgelöst werden, ohne daß Kinder aus derselben vorhanden sind, so ist verabredet:
a) Wenn der jetzige Bräutigam vor der Braut verstirbt, oder
b) Wenn die jetzige Braut vor dem Bräutigam Kinderlos verstirbt, so erhält der überlebende Theil die ganze Errungenschaft, sowie das sämtliche Vermögen des Verstorbenen.
§ 6
Die Eltern der Braut verzichten auf ihr Pflichtteilsrecht, sofern solches verletzt sein sollte.
So geschehen zu Grebenhain am 21. Februar 1899
Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben
Andreas Fischer Sebastian Schäfer
Margaretha Schäfer Barbara Schäfer
Daß von Andreas Fischer von Grebenhain, Margaretha Schäfer, Sebastian Schäfer II. und Barbara Schäfer von Crainfeld umseitige Unterschriften
vor mir vollzogen haben wird hiermit beglaubigt.
1 Erklärung der oben genannten Begriffe:
Klengtuch Ein Klengtuch oder auch Knottentuch genannt, wurde in der Bearbeitung von Flachs genutzt. Es wird als ein notwendiges Stück des Hausgerätes bezeichnet.
Bei dem Tuch handelt es sich um ein stark gewebtes, grobes grosses Tuch, auf welchem die Knotten (Flachs-Samenkapseln) ausgebreitet wurden, damit diese platzten und die darin enthaltenen Samen herausfielen. Dieser Leinsamen wurde dann z. Bsp. Zur Ölgewinnung genutzt, oder für die Saat.
Kloben Bei dem Kloben/Globen oder Büschel genannt, handelt es sich um ein Stückmass im Handel mit Flachs. Dieses wurde im kurhessischen Grossherzogtum Fulda genutzt.
Ein Globen entspricht ca. 12-15 Flachsbündel auch Kauten genannt, also ca. 90 Hände voll Flachsbündel.
gebresten Unter gebresten versteht man gebrochen, dies ist ein Begriff aus der Flachsherstellung.
Beim Brechen des Flachses wurden die Holzteile der Pflanze gelockert und entfernt um an die wertvollen Fasern, im inneren des Flachshalmes, zu gelangen. Dies geschah mit der sogenannten Breche (siehe Pkt. 4)
Breche Es handelt sich um einen Holzbock mit scharf zugespitzten Rinnen und einem beweglichen Oberteil, welches in der gleichen Art gearbeitet war. Man legte eine Handvoll des gedörrten Flachses auf die angeschärften Rinnen und klappte mit Schwung das Oberteil herunter, sodass der Flachsstängel zwischen beiden Teilen zerbrach.
Flachshechel Die Hechel war ein Holzbock mit kammartigen Aufsätzen, hierauf wurde der im Schwingstock (Pkt 6) bearbeitete Flachs sauber ausgekämmt, die Fasern gebrochen und in eine Richtung gekämmt. Sodass er zum Spinnen geeignet war.
Schwingstock und Schwingeisen Der Stock war ein aufrechtstehendes Brett mit Fuß, das Schwingeisen war ein am Rande etwas angeschärftes Holzbrett. Der gebrochene Flachs wurde auf den Schwingstock eingelegt und mit dem Schwingeisen geschlagen, bis nunmehr der saubere Flachs übrigblieb. Dieser wurde dann in der Hechel (Pkt.5) weiterbearbeitet.
Hafergestell (auch Korngerüst genannt) Ein Gestell, welches seitlich an der Sense angebracht war, mit dessen Hilfe das gemähte Getreide, Gerste und Hafer, in eine Richtung fallen konnte. Somit konnten die Halme leichter zu Garben gebunden werden.
Karst Bei uns im Vogelsberg Korsch genannt, ist eine grobe dreizinkige (zweizinkig?) Harke zum Bodenlockern und Kartoffeln-Ernten geeignet.
Malter Ein Malter ist ein altes Volumenmaß für Getreide, Holz, Kohle oder Torf.
Es entsprach zum Beispiel etwa 1,5 Kubikmeter Brennholz.
2 „Geschwisterliche Teilung“ wird immer wieder mal in der Literatur erwähnt, könnte hier „gleichwertige“ Teilung sehr unterschiedlicher Besitztümer bedeuten. Bei Krünitz steht z.B. „Hat der Erblasser nichts verordnet, wie sich seine hinterlassenen Erben in die Erbschaft theilen sollen, so muß die Vertheilung nach den Gesetzen und Gewohnheiten des Orts geschehen, wenn sie etwas darüber festgesetzt haben. Unter diese Landesgewohnheiten gehört das sogenannte Kührrecht, welches in Sachsen hergebracht ist. Vermöge desselben macht unter mehreren Geschwistern der Aelteste die Theile, und der Jüngste wählt, oder der Jüngste ist berechtiget, ein Grundstück für einen bestimmten Preis für sich zu verlangen, und dieses daher, weil auf ihn noch nicht die Kosten in der Erziehung etc. verwendet worden sind, als bei den Uebrigen, die daher schon Vieles voraus haben, was ihm noch zu Gute kommen muß.“
Quelle: www.kruenitz1.uni-trier.de (02.02.2020)