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Dorfkalender

Unsere Dorfkalender 1998 bis 2000

Um die Jahrtausendwende haben wir drei Jahreskalender erstellt - mit Originalfotos und handgeschriebenen Untertiteln, alles in "Handarbeit". Der erklärende Text zum Bildmotiv wurde in der Print-Version jeweils rückseitig angezeigt.
Wegen des großen Arbeitsaufwandes bei 60 bis 80 Exemplaren sind nur diese drei Kalenderjahrgängen gefertigt worden.
In der folgenden Galerie finden Sie die Motive und Texte der Kalenderblätter jeweils chronologisch abgebildet.

 

 

Dorfkalender 1998

Haustür in Grebenhain

Die orginalgetreue Rekonstruktion einer Haustür schmückt die Frontseite der ehemaligen Gastwirtschaft  „Zur  Krone“  in der Grebenhainer Hauptstraße. Das Fachwerkhaus diente im letzten Jahrhundert auch als Posthalterei und Amtsstube der in Lauterbach ansässigen großherzoglich-hessischen Kreisverwaltung. Die ursprüngliche Eichentür mit dem reichen Schnitzwerk wurde 1771 angefertigt und dann in das 1773 errichtete Gebäude übernommen. Die Motive der Schnitzarbeiten sind denen an der Kanzel in der Grebenhainer Kirche sehr ähnlich.

In der Ilbeshäuser Kirche

Im Jahr 1765 ließ die damals noch junge Gemeinde, die erst  wenige Jahrzehnte zuvor selbständig geworden war, eine neue, große Kirche bauen. Der steinerne Bau ist zwar unverkennbar dem Barockstil zuzuordnen, wurde jedoch viel schlichter ausgeführt als die etwa zur gleichen Zeit erbaute Stadtkirche von Lauterbach. Die Bemalung der Empore zeigt neben Figuren aus dem alten Testament die Stationen Jesu. Die für die damalige Zeit recht hohen Baukosten von 4100 Gulden wurden zu mehr als einem Viertel von der Kirchengemeinde durch Spendensammlungen und Stiftungen aufgebracht.

Bermuthshain - über den Lüderbach

Das Brücklein führt über einen Bach, der sich mit anderen Zuflüssen aus dieser Gemarkung zur Lüder vereinigt. Der Bach trieb die (zeitweilig fünf) Mühlen im Bermuthshainer Grund, von denen die ersten bereits etwa 1014/1016 urkundlich erwähnt wurden.  Der Lüderbach trieb auch die Mühlen in Crainfeld und Bannerod an und fließt durchs Steigertal zur Fulda hin.
Der Mühlbetrieb der „Graumühle“ wurde erst 1939 eingestellt.

Sichtbare Erdgeschichte – der Steinbruch auf dem Klöshorst

Der seit 1989 stillgelegte Steinbruch auf dem Klöshorst in der Grebenhainer Gemarkung zeigt das für den Vogelsberg typische Basaltgestein. Im Tertiär (also vor 9 bis 19 Mio. Jahren) sind an verschiedenen Stellen des Vogelsbergs immer wieder Vulkanausbrüche erfolgt, in deren Folge sich Basaltlava über die Erdoberfläche ergossen hat.  Durch Bohrungen hat man festgestellt, dass das Basaltgestein im Bereich des Oberwaldes eine Mächtigkeit von 600 bis 800 Meter aufweist. Die Basaltsteine aus diesem  Grebenhainer Steinbruch wurden zunächst zu Pflastersteinen verarbeitet, später dann zu Schotter und Splitt. Die rötliche Verfärbung des Erdreichs weist auf Buntsandsteinanteile bzw. eisenhaltige Mineralien hin.

Die Grenze zum Riedeselland

Das Bild zeigt einen Stein an der heutigen Gemarkungsgrenze Vaitshain/Grebenhain, damals Landesgrenze des „Junkerlandes“ der Riedesel zur hessischen Landgrafschaft. Grenzsteine mit Wappen und Jahreszahlen finden sich noch zahlreich in unserem ländlichen Raum. Sie markieren den Grenzverlauf zwischen den damals souveränen Standesherrschaften (Riedesel zu Eisenbach, Isenburg-Birstein) und der Grafschaft Hessen-Darmstadt im 18. Jahrhundert. Aus dem 19. Jahrhundert  stammende Grenzsteine sind meist wesentlich schlichter gestaltet und tragen oft nur Abkürzungen. Solche Steine findet man an der heutigen Gemarkungsgrenze  zwischen Bermuthshain und Völzberg; sie tragen die Initialen GH für Großherzogtum Hessen und KP für Königreich Preußen.

Blick auf Bannerod

Von Norden, von der Kreisstrasse nach Weidmoos, blickt man auf das an der Lüder gelegene Dorf Bannerod. Es wurde in der Zeit der großen Rodungen, zwischen 800 und 1200, gegründet und  erstmals in 1417 als „Benrod“ urkundlich erwähnt. Ob der Ortsname von einem „Beno“ aus dem niederen Adel herrührt oder durch Umwandlung des Begriffs „Bann“ stammt, ist strittig (Bannwald = Gebiet mit ausschließlich dem Landesherrn vorbehaltenem Jagdrecht). Mehrere Jahrhunderte lang wurde der Ort von den Freiherrn Riedesel zu Eisenbach verwaltet und kam 1806 zum Großherzogtum Hessen.

Buntes Treiben beim Backhausfest

Seit vielen Jahren feiert die 1973 gegründete Backgemeinschaft Grebenhain im Juli ihr jährliches Backhausfest, das an die Tradition der Tanzplatzkirmes des letzten Jahrhunderts anknüpft. Der Tanzplatz liegt in Dorfmitte am Bach, zwischen Kirche und Backhaus. Er war in früheren Jahrhunderten Mittelpunkt des dörflichen Lebens und Gerichtsstätte. Das steinerne Rondell trägt die Jahreszahl 1756. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts  gab es hier Tanzveranstaltungen. Das von der Backgemeinschaft wieder regelmäßig genutzte Backhaus am Tanzplatz ist nur eines der drei früheren "öffentlichen" Grebenhainer Backhäuser.  Im Rahmen der vor einigen Jahren durchgeführten Dorferneuerung wurden Backhaus und Platz ansprechend renoviert.

Fachwerkhaus in Grebenhain

Das Baujahr des Hauses in der Ludwigstraße ist nicht bekannt. Ursprünglich war es ein typisches Vogelsberger Einhaus mit Wohnteil-Stall-Scheune nebeneinander liegend. Der links im Bild dargestellte Bereich gehörte zum Stall und wurde erst Anfang unseres Jahrhunderts zum Wohnbereich umgebaut. Solche einstöckigen quergeteilten Einhäuser waren im vorletzten Jahrhundert in Grebenhain häufig; die für ältere Fachwerkbauten so typische Mannfigur fehlt hier. Das Anwesen war Wohnung und häufig Arbeitsplatz der teilbäuerlichen Schicht, d.h. der ärmeren Landbevölkerung; diese musste sich als Knecht oder Tagelöhner oder durch Heimarbeit etwas hinzuverdienen. Das zuletzt baufällig gewordenen Haus wurde abgerissen und musste dem Neubau einer ambulanten Pflegeeinrichtung weichen.

Tief im Oberwald – das Flößerhaus

Das Flößerhaus liegt im  Revier der Försterei Herchenhain an einer Wegkreuzung der Oberwaldschneise und wurde um die Wende zum 20. Jahrhundert erbaut. Es diente als Schutzhütte und Unterkunft für die Forstbediensteten und ihre Inspektoren. Anfangs wurde einer der beiden Räume als Pferdestall genutzt. Das Haus wird von zwei Bächen umflossen, von denen einer einen kleinen Teich speist. Der Begriff „Flößer“ kommt von Fließgewässer und findet sich auch noch in einigen Flurnamen im Oberwald. Flößerei als Form des Holztransportes ist in diesen kleinen Bächen nie betrieben worden.

Spiegelbilder am Ludwigsteich

Der Ludwigsteich liegt in der Revierförsterei Ilbeshausen und wird vom Schwarzbach gespeist. Er ist ebenso wie die dort gradlinig verlaufende Ludwigschneise nach einem hessischen Landgrafen benannt. Dieser soll die Schneise bei seinen regelmäßigen Fahrten von der Residenz Darmstadt zu seinem Jagdschloß bei Romrod genutzt haben. Auf Wanderungen von Ilbeshausen  zum Hoherodskopf entlang des Schwarzbachs bietet der Ludwigsteich eine gute Gelegenheit zu besinnlicher Rast.

Der jüdische Friedhof bei Crainfeld

 ... liegt im Nordosten der Gemarkung nahe der Kreisstraße nach Bannerod. Crainfeld hatte bereits (urkundlich belegt) seit 1626 jüdische Mitbürger, deren Friedhof vermutlich schon 1780 bestand. Zur Kultusgemeinde Crainfeld zählten auch die Juden aus anderen Ortschaften, etwa aus dem birstein-isenburgischen Lichenrod. Die letzte Bestattung auf diesem Friedhof fand 1937 statt. Die Grabinschriften sind  in hebräischer Sprache, zum Teil auch zusätzlich in deutsch verfasst. Nach jüdischer Sitte gibt es weder Blumenschmuck noch Grabpflege, umgefallene Grabsteine bleiben liegen.

Ein Wappen erzählt Geschichte(n)

Das Wappen, aus Sandstein gehauen, schmückt den Eingang der evang. Kirche in Ilbeshausen. Das Dorf, erstmals erwähnt 1012, gehörte seit 1570 zur Grafschaft Hessen-Darmstadt und später zum Großherzogtum Hessen.  Dargestellt ist das sogen. "Große Staatswappen" der hessischen Landgrafen. Es zeigt in der Mitte die  bekannte Figur des stehenden Löwen auf blauem Grund. Die anderen Felder sind belegt mit den Wappen der einzelnen zur Landgrafschaft gehörenden Besitztümer. Von links: In der oberen Reihe Abtei/Fürstentum Hersfeld (rotes Patriarchenkreuz in Silber), dann die Grafschaft Ziegenhain mit dem sechstrahligen Stern in der oberen Hälfte des Schildes. In der mittleren Reihe links Grafsch. Katzenelnbogen (Löwe mit Haupt nach vorn auf goldenem Grund), rechts Grafschaft Diez (zwei goldene Löwen). Die untere Reihe zeigt links zwei Wappen übereinander in einem Feld,  oben Nidda (mit den zwei Sternen) und unten Isenburg-Büdingen (zwei schwarze Balken in Silber). Das Wappen der Grafsch. Schaumburg (rechts-unten) trägt auf rotem Grund innen einen kleinen Schild und außen ein dreigeteiltes Nesselblatt.

Dorfkalender 1999

JANUAR 1999

Willkommen im Vogelsberg

Die Postkarte von 1904 zeigt u. a. ein Panorama des Oberwaldes, von einer Anhöhe oberhalb des Bahnhofs  Bermuthshain aus gesehen, mit Blick auf die drei Ahlmühlen. Obwohl die kolorierte Skizze  grob schematisch wirkt, lassen sich die Gebäude erkennen: links im Hintergrund die von Müffling´sche Villa, rechts die drei Mühlen: in Bildmitte die Obere Ahlmühle. Rechts davon mit blauem Dach ein kleines Häuschen, das zur mittleren Ahlmühle gehörte und 1688 als Ölmühle gebaut wurde, später aber bis etwa 1950 als Backhaus diente. Es schließen sich die Mittlere und ganz rechts die Untere Ahlmühle an.

Für den Bau des zweiten Abschnitts der Vogelsbergbahn von Grebenhain nach Gedern (1901-1906) wurde eine Kantine gebaut, um die Versorgung der zahlreichen Bauarbeiter zu gewährleisten. Dieses "Restaurant" stand vermutlich in der Nähe des späteren Oberwald-Bahnhofes.

Die Holztürme auf dem Taufstein wurden später durch den steinernen Bismarckturm ersetzt, siehe auch Kalenderblatt Mai.

FEBRUAR 1999

Die Villa im Oberwald (Grebenhain-Oberwald)

1904 ließ der damalige Polizeipräsident von Frankfurt, Freiherr von Müffling, eine Villa an den Rand des Oberwaldes oberhalb der Ahlmühlen bauen. Ein nahegelegenes Jagdhaus wurde 1918 hinzugekauft. Die Familie von Müffling verkaufte 1933 das Gelände an das Reichsluftfahrtministerium. Die Aufnahme entstand in den Jahren 1933-35, in der die Villa als BDM-Schulungsstätte diente. Die Postkarte trägt den Titel: "Mädelführerinnenschule des Obergaues Hessen-Nassau". Das Bild zeigt die der Straße abgewandte Seite , von der man auf Grebenhain und in Richtung Rhön blickte. Die Holzarbeiten weisen die für die Jahrhundertwende typischen Muster auf.

Als 1935/36 die "Muna" gebaut wurde, erfuhr die Villa einen weitgehenden Umbau vor allem der Innenräume und wurde Verwaltungsgebäude. Das Äußere blieb weitgehend unverändert. Der hölzerne Anbau mit den biedermeierlich anmutenden Drechslerarbeiten ist allerdings längst verschwunden.

MÄRZ 1999

Das AOK-Heim im Felsenmeer (Ilbeshausen-Hochwaldhausen)

Durch die Initiative Jean Berlits, der bereits 1903 die Gründung des Kurorts Hochwaldhausen maßgeblich vorangetrieben hatte, wurde auf dem Gelände der ehemaligen Waldmühle in den Jahren 1927/28 das "Genesungsheim" gebaut. Der außen weiß verputzte Backsteinbau war damals aufs Modernste ausgestattet worden, sogar mit Haustelefon, und sollte 100 Erholungssuchende aufnehmen. Der Aufschwung des Kurorts wurde durch die Kriegsjahre jäh unterbrochen, das Heim nahm zuerst Schulklassen, später Flüchtlinge auf. Die ersten Nachkriegsjahre diente es als Altersheim für betagte Flüchtlinge. Doch bereits 1952 wurde es wieder seiner ursprünglichen Bestimmung als Genesungsheim unter Leitung der AOK Kassel zugeführt. Wer heute die moderne und ansprechende Fassade der Vogelsberg-Klinik (Fachklinik für psychosomatische Erkrankungen) bewundert, kann im Kern des Gebäudekomplexes das alte "Genesungsheim" noch erkennen.

APRIL 1999

Mit der Luftpost 1909 (Crainfeld)

Die Karte ist ein sorgfältig kolorierter Stich von Crainfeld , mit einem Poststempel der Lauterbach-Stockheimer Bahnpost von 1909. Die "Total-Ansicht" zeigt den Ort von Südosten  gesehen.

Links läßt sich die damalige Landstraße erkennen, die von Obermoos kommt.Es ist die bereits im Mittelalter bekannte "Weinstraße" (=Wagenstraße), ein wichtiger Handelsweg vom Main nach Norden. In der Dorfmitte kreuzte die Weinstraße die ebenfalls bedeutende Linke Nidderstraße. Diese Verkehrsverbindungen haben die Entwicklung Crainfelds im ausgehenden Mittelalter begünstigt.

Dementsprechend gibt es eine langjährige gastronomische  Tradition in Crainfeld, im 19. Jahrhundert hatte der Ort auch eine eigene Brauerei. Anfang unseres Jahrhunderts gab es drei Gasthäuser in Crainfeld, von denen links unten der Vogelsberger Hof (Gasthaus Oechler) derzeit nur noch als Eventgastronomie betrieben wird (2023). Damals hieß es noch zeitweilig "Gasthaus zur Eisenbahn" wegen der Nähe zum Haltepunkt Crainfeld der Vogelsbergbahn.

MAI 1999

Ein Wanderziel seit 1910 (Taufstein)

 Der steinerne Aussichtsturm  auf dem 774 m hohen Taufstein hatte zwei hölzerne Vorgänger. Die Idee zum Bau eines Aussichtsturmes stammte von den Mitgliedern des Vogelsberger Höhen-Clubs. Sie suchten in den 1880er Jahren eine Attraktion für den aufkeimenden Tourismus für die landschaftlich schöne, aber wirtschaftlich arme Region. Man erwarb also zwei bereits vorhandene Holzgerüste, die zu miltärischen Vermessungszwecken errichtet waren. Die Holztürme wurden 1898 wegen Baufälligkeit abgerissen. Sie sind übrigens auf der Januar-Postkarte dieses Kalenders dargestellt.

Nach mehrjährigem Spendensammeln und durch den Verkauf einer "Unverzinslichen Aktie über 10 Mark" konnte der Basaltbau finanziert und 1910 eingeweiht werden. Der Turm steht mitten auf dem Schlot des vorzeitlich größten europäischen Vulkans und bot damals einen weiten Blick bis zur Rhön und in die Wetterau.

JUNI 1999

Das Gasthaus zur "Schönen Aussicht"  (Herchenhain/Hartmannshain)

Die "Schöne Aussicht" war seit ihrer Eröffnung 1909 begünstigt durch die verkehrsgünstige Lage an der Landstraße zwischen der Herchenhainer Höhe und dem Dorf Hartmannshain (damals Bahnstation für die "Luftschnäpper" und Wintersportler aus dem Frankfurter Raum).

Die Zeichnung aus dem Jahr 1927  zeigt das Gastgebäude, noch ohne den in den dreißiger Jahren hinzugefügten Anbau zur Straße hin. Der ursprünglich hölzerne Eingang ist bereits durch Mauern und Fachwerk ersetzt.Zuletzt wurden die renovierten Gasträume wieder gastronomisch als "Oldtimer-Café" mit Gartenwirtschaft  genutzt.

Leider ist uns nicht bekannt, wer diese und andere Skizzen aus dem Oberwald angefertigt hat.

 

 

JULI 1999

Leinen auf der Bleiche

Dort, wo bei der jährlichen Backhauskirmes in Grebenhain das Festzelt steht, wurde Wäsche getrocknet und Leinen gebleicht. Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein war das Weben von Leinen eine zum Broterwerb notwendige Heimarbeit. Im Grebenhainer Ortsbürgerverzeichnis des vergangenen Jahrhunderts war Leinweber einer der am häufigsten genannten (Zweit-) Berufe.

Die Leinentücher mußten, um die gewünschte weiße Färbung zu erzielen, auf der "Bleiche" mehrfach getrocknet und mit der Gießkanne wieder befeuchtet werden. Das Begießen des Leinens ist auf der Postkarte festgehalten.

Die Bäume am Tanzplatz sind noch recht klein, im Vergleich mit anderen Aufnahmen aus der ersten Hälfte des Jahrhunderts. Das Bild muß also vor dem Ersten Weltkrieg aufgenommen worden sein.

AUGUST 1999

Schule und Gasthof

Die Postkarte zeigt die Ansicht des Dorfes Bermuthshain eher schematisch ausgeführt, während Gasthaus und Schule (als wichtige und ortsbildprägende Gebäude) sorgfältig und detailliert dargestellt sind.

Das in Wirklichkeit recht kleine Schulhaus mußte Anfang unseres Jahrhunderts circa 100 Schüler in zwei Klassenräumen aufnehmen, dazu noch die Wohnung für den Lehrer und seine Familie.

Die Schulglocke läutete nicht nur morgens, sondern auch abends bei Anbruch der Dämmerung - wehe dem Schüler, der danach vom Lehrer noch auf der Straße erwischt wurde!

Der Gasthof von A. Öchler ist auch heute noch als Hotel-Restaurant "Deutsches Haus" ein traditionsbewußter Familienbetrieb. Das Gasthaus bestand bereits 1888. Zusätzlich verzeichnete das Adressbuch von 1904 einen Handel mit "Kolonial-, Eisen- und Holzwaren sowie Butter, Eier und Mehl en gros".

SEPTEMBER 1999

Obere Ahlmühle – Hofansicht

Die Obere Ahlmühle (im Ortsteil Oberwald) ist eine der drei ehemaligen Mühlen am Südostabhang des Oberwaldes. Alte Deckenbalken weisen auf das Baujahr 1779 hin; Vorfahren der Mühlenbesitzer sind im Kirchenbuch bis ins Jahr 1615 nachzuweisen. Vermutlich stand auf diesem Gelände also bereits vor dem 30jährigen Krieg eine Mühle. Der "Ahlmüller" Heinrich Faitz 11., geboren 1873, war allerdings im Ortsbürgerregister bereits nur noch als Landwirt eingetragen.

Ursprünglich war das Gehöft ein sog. quergeteiltes Vogelsberger Einhaus mit der Dreiteilung Wohnteil-Stall-Scheune nebeneinander unter einem Dach. Auf dem Foto von 1935 ist rechts der Wohnteil zu erkennen, an den sich die Mühlenanlage anschloß. Links von Hühnerstall und Viehstall war die Scheune. Metallene Seile über den Hof führten von der Mühlenanlage zu den Wirtschaftsgebäuden und trieben über eine Rollenmechanik die landwirtschaftlichen Geräte an. Über der Haustür hängt die Hoflampe - elektrisches Licht gab es in Grebenhain seit 1921.

OKTOBER 1999

Eine Schule für Crainfeld

Die Zeichnung zeigt einen zu Beginn des 20. Jahrhunderts für das Dorf Crainfeld geplanten Schulneubau. Es sind damals vier Entwürfe gemacht worden. Das Bild zeigt einen der Pläne, einen stattlichen Fachwerkbau mit Basaltfundament. Diese repräsentative Version ist aber nicht zu Ausführung gekommen, vermutlich aus Kostengründen. Gebaut wurde dann 1906 eine etwas schmucklosere Variante.

Seit den 1890er Jahren gab es mehr als 90 Schulkinder in Crainfeld, die anfangs von nur einem Lehrer unterrichtet wurden. Die Planung des Schulneubaues hat, um hier Abhilfe zu schaffen, zwei Klassenräume und zwei Lehrerwohnungen vorgesehen.

Das dann in 1907 eingeweihte Gebäude war Schulhaus bis 1966 und wird heute als Dorfgemeinschaftshaus und Wohnhaus genutzt.

NOVEMBER 1999

Wintervorbereitungen an der Teufelsmühle

Wegen ihres außergewöhnlich schönen Fachwerks weit über den Vogelsberg hinaus bekannt ist die Teufelsmühle in Ilbeshausen, erbaut 1691 , ehemals im Besitz der Riedesel.

Ältere Postkarten zeigen meist eine Frontalansicht bei sommerlichem Wetter und "aufgeräumter" Hofreite.

Auf dieser Karte ist die Teufelsmühle mit abgedecktem Mühlrad dargestellt: Das Rad und die vom Wasser umflossenen Teile wurden im Spätherbst zuerst mit Stangen, dann mit Stroh oder Mist abgedeckt, um die Mühlenanlage vor dem Einfrieren zu schützen.

Das war in unserer Gegend ein übliches Verfahren: früher wurden auch die Kellerfenster mit Mist und Tannenreisig abgedeckt, um die eingekellerten Hackfrüchte (Rüben und Kartoffeln) vor Frost zu schützen.

DEZEMBER 1999

Dorfkirche in Herchenhain

Die Zeichnung zeigt die in 1882 neu erbaute Kirche von Herchenhain. Der damalige Neubau war notwendig geworden, da die alte Holzkirche 1880 nach Blitzeinschlag abgebrannt war. Die Alleebäume, in deren Schatten der unbekannte Künstler seine Skizze ausführte, gehören zur Landstraße nach Sichenhausen.

Herchenhain, erstmals in 1016 urkundlich erwähnt, war zwar im späten Mittelalter durch Stadtrechte und das Marktrecht begünstigt, blieb aber eine wirtschaftlich recht arme Gemeinde. Dies nicht zuletzt wegen der schwierigen Bodenverhältnisse für die Landwirtschaft. Entsprechend groß war die Zahl der Auswanderer im 19. Jahrhundert.

Die Skizze vermittelt zwar einen Eindruck von ländlicher Idylle, läßt aber auch die bescheidenen Wohnverhältnisse der Einwohner erahnen. Sie stammt von dem selben Künstler, der die Schöne Aussicht (Kalenderblatt Juni) gezeichnet hat. Vermutlich ist diese Zeichnung ebenfalls in den 1920er Jahren entstanden.

Dorfkalender 2000

JANUAR 2000

Winter 1967 am Hoherodskopf

Die exponierte Lage des Hoherodskopf-Plateaus führte bereits in den vierziger Jahren zum Bau von zwei kleinen Stahlgittermasten zur Funkübertragung, rechts im Bild. Der links dargestellte Stahlgitterturm wurde 1958 als Fernmeldeturm erbaut, es war ein 174 Tonnen  schwerer und 80 Meter hoher Stahlkoloß. Seine Aufgabe war unter anderem die verbesserte Übertragung von Ferngesprächen.

Der technische Fortschritt führte 1977 zum Bau des heutigen weitaus höheren Betonturmes, der Stahlgitterturm war aber noch bis 1987 in Betrieb.

FEBRUAR 2000

Die Schwarza im Oberwald

Am Oberlauf der Schwarza ( Schwarzbach im Oberwald) gab es sechs Eisenhütten, von denen die ersten bereits im ausgehenden Mittelalter begründet wurden. Sie waren bis ins 15. Jahrhundert in Betrieb. Das eisenhaltige Gestein wurde in unserer Region zunächst nur von der Erde aufgelesen und gesammelt, später im Tagebau und in Stollen gewonnen („Eisenbergsweg“) . Das Eisenerz wurde dann in Schmelzöfen verhüttet,  wobei die Wasserkraft zum Antrieb der Blasebälge und Hämmer benutzt wurde. Die „Schmelzer“ wohnten damals wohl im nahgelegenen Dorf Eigelshain, das 1289 erstmals urkundlich erwähnt wird und heute wüst ist.

MÄRZ 2000

Alter Grabstein in Herchenhain

Der Grabstein, heute an die Kirchenmauer angelehnt (siehe auch Bild September), läßt trotz Verwitterung den folgenden Text erkennen:

"Anhier Ruhet in GOTT Anna Maria, Johann Baltzer Appels Eheweib von Hartmannshain. Sie war gebohren 1776 den 29ten Juli zu Sichenhausen. Ihr vatter ist Johann Baltzer Adolph, die mutter Anna Katharina eine gebohrene Keiserin. Sie trat in die Ehe 1798, welches durch priesterliche einsegnung den 22ten ... Jahres Hochzeitlich volzogen wurde. In diesen 16 Jahren erzeugten sie 6 Kinder, von denen ein Sohn vor ihr in die Ewigkeit gegangen ist. Sie starb den 13ten Juli 1814 , war alt 38 Jahr weniger 16 Tage. Ihr Leichenvers steht im 62. Psalm v 1 .... 26".

APRIL 2000

Grebenhain: An der alten Hauptstraße

In den sechziger Jahren ging es an der alten Hauptstrasse in Grebenhain noch recht  ruhig zu. Das Bild zeigt den heute noch stehenden Goldregen vor der Apotheke. Im Hintergrund sieht man das Wirtschaftsgebäude des Hofes von Heinrich Hornung (Hausname "Mäuerfellches"). Mäuerfellches war ein großes Gehöft; auch die Apotheke wurde erbaut auf dem ehemaligen Gartengelände der Familie Hornung. Das Anwesen wurde wenige Jahre später abgerissen zugunsten des ersten Neubaus der Crainfelder Volksbank in Grebenhain.

MAI 2000

Grebenhain: Scheune am alten Forsthaus

Die Scheune, die am Ortsausgang Richtung Hartmannshain steht, ist Teil des Anwesens, das als großherzoglich-hessisches Forsthaus erbaut wurde. Der Förster hielt in einem separaten Stall Pferde und hatte auch zur Eigenversorgung einen Schweinestall. Die Hühner waren in der Scheune untergebracht. Auch wenn am Äußeren der Scheune der Zahn der Zeit schon sichtbar nagt, so wirkt das alte Gemäuer hinter der gepflegten Hecke doch als idyllischer Blickfang.

JUNI 2000

Rosenschmuck am Hauseingang

Das Bild zeigt das alte Wohnhaus der Familie Schwarzhaupt (Hausname Schöfferbaste) in der Grebenhainer Hauptstrasse. Einer der damaligen Hausbewohner war sehr naturverbunden und hat seine gärtnerischen Fähigkeiten eindrucksvoll am Hauseingang unter Beweis gestellt. Die schönen Kletterrosen mussten leider beim Neubau des Wohnhauses weichen.

Das Fachwerkhaus im Hintergrund (gegenüber der Einmündung Ludwigstrasse) diente in der Mitte des letzten Jahrhunderts als erste Grebenhainer Schule und Wohnhaus der Lehrers Greb.

JULI 2000

Blick auf Crainfeld

Früher kam es im Oberwald nur an Wegrändern und Waldlichtungen vor: das Weidenröschen. Es wird bis einen Meter hoch und wächst bei uns in den letzten Jahrzehnten oft großflächig auf den brachliegenden Ackerfluren. Seine zunehmende Verbreitung zeigte damit den Rückgang der landwirtschaftlich genutzten Flächen an. Früher - "in schlechten Zeiten" - wurde auch diese Pflanze von der Landbevölkerung genutzt - die Wurzeln wurden als Spargelersatz gegessen, die Blätter gaben einen guten Haustee.

Das Bild zeigt Crainfeld von der Ilbeshäuser Landstrasse aus.

 

 

AUGUST 2000

Hof "Schäffes" in Weidmoos

Der Name "Hen Schäfer" ist urkundlich erstmals im Jahr 1579 in einer Jahrholzliste der Freiherrn von Riedesel erwähnt, das Anwesen hat daher den Hausnamen Schäffes.

Eine Balkeninschrift an der heutigen Scheune nennt das Baujahr 1701 für die im Bild dargestellten Gebäude. Es war ein Wohn-Stall-Haus, die Scheune war links rechtwinklig dazu angebaut. Der vorn im Bild dargestellte Gebäudeteil war zuerst Kuhstall, ist seit dem 1. Drittel des 19.Jh. aber zur Wohnung geworden: dort war früher auch die alte Weidmooser Schule, bereits 1830 wird ein Mitglied der Familie als Lehrer genannt.

Der Hof wurde etwa im Jahre 1600 von der Familie Muth erworben und ist seitdem in Familienbesitz. Die Chronik der Dörfer Nösberts und Weidmoos wurde auf diesem Hof verfaßt, und auch der heutige Hausherr Heinrich Müller pflegt - seiner bäuerlichen Tradition bewußt - das schriftliche Erbe seiner Vorfahren.

 

 

SEPTEMBER 2000

Die Kirche in Herchenhain

Die Herchenhainer Kirche, deren Vorgängerbau im Jahr 1880 durch Blitzschlag abgebrannt war, wurde im April 1882 eingeweiht.

Trotz des schlichten "modernen" Gebäudes hat man auf christliche Symbolik nicht verzichtet: Die äußere Form des Gebäudes deutet die Form eines Bootes an. Das Boot oder Schiff gilt als uraltes Sinnbild für die christliche Gemeinde (Arche Noah, "Ein Schiff das sich Gemeinde nennt"). Auch die Decke im Innenraum - ein Tonnengewölbe - erinnert an einen Schiffrumpf, ist aber ein Symbol für den Himmel. Deshalb sind dort Sterne aufgemalt.

Die Kanzel, der Ort der Predigt,  ist direkt über dem Altar angebracht. So werden die Einheit von Wort und Sakrament und das reformatorische "allein die (heilige) Schrift" verdeutlicht.

Einer der drei alten Grabsteine an der Außenmauer  ist im Kalenderblatt MÄRZ beschrieben.   

 

 

OKTOBER 2000

Blick auf die Muna 1940

Das Bild wurde von einem in der "MUNA" (Munitionsanstalt") stationierten Soldaten im Sommer 1940 gemalt. Der Name des Künstlers ist unbekannt.
Das Aquarell zeigt die Strasse zu den Ahlmühlen. Der Standort des Malers war etwas unterhalb der sogenannten Unteren Ahlmühle, deren Wirtschaftsgebäude im Vordergrund des Bildes zu erkennen sind. Dort war viele Jahre lang eine Gastwirtschaft.

Im Hintergrund stehen die ersten Häuser der Munitionsanstalt, die von den Offizieren bewohnt wurden. Die damalige Feldflur "In der langen Hecke" ist heute ein attraktives Wohngebiet.

NOVEMBER 2000

Die letzte Fahrt der Oberwaldbahn

Die Oberwaldbahn verband unsere Ortschaften mit Lauterbach (seit 1901) und Gedern (seit 1906). Offiziell wurde der Personenverkehr 1975 eingestellt. Bei einer Nostalgie-Sonderfahrt 1993 mit dem Schienenbus entstand dieses Bild. Es zeigt den bereits stark überwucherten Gleiskörper vor dem alten Bahnhofsgebäude in Grebenhain. 

Die ehemalige Bahntrasse wird jetzt durch den Umbau zu einem Fahrradweg ("Vulkan-Radweg") wieder  sinnvoll genutzt.

 

 

DEZEMBER 2000

Gasthaustür in Bermuthshain

Die Eingangstür zum Gasthaus "Deutsches Haus" trägt die Jahreszahl 1780. Sie wurde 1980 renoviert und erhielt einen neuen Rahmen. Das Motiv im Oberteil (Jagdszenen) ist original, der ursprünglich im unteren Teil dargestellte Leiterwagen konnte nicht rekonstruiert werden. An den gut erhaltenen Beschlägen der Türinnenseite ist erkennbar, daß sich der obere Teil zur Hälfte separat öffnen ließ. Die Jahreszahl 1780 als vermutliches Baujahr des Hauses findet sich auch auf einem Sandstein neben dem Eingangsbereich.

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